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Chahdortt Djavann Die Stumme Chahdortt Djavann
Die Stumme.
Aus dem Fran­zö­si­schen von Nathalie Mälzer-Semlinger.
Goldmann Verlag 2010, 111 Sei­ten
ISBN 978-3-442-31231-3

"Die Stumme" ver­lor ih­re Spra­che nach­dem ihr dro­gen­ab­hän­gi­ger Va­ter sie und ih­re Mut­ter auf Ent­zug der­art ver­prü­gelt hat­te, dass die Mut­ter an den Fol­gen starb. Spä­ter lebt sie mit der Fa­mi­lie ih­res Bru­ders, setzt sich über die stren­gen Klei­der­vor­schrif­ten der Sit­ten­wäch­ter hin­weg und ver­lässt kaum das Haus. Ein Mul­lah wird bei ei­nem Be­such auf sie auf­merk­sam und möch­te sie zur Frau. Ih­re Schwä­ge­rin, die kein gu­tes Ver­hält­nis zur Stum­men hat, ver­spricht sie ihm. Wo­rauf­hin die sich zum Bru­der der Schwä­ge­rin be­gibt, den sie ins­ge­heim liebt, und sich ihm hin­gibt. Das Ver­hält­nis wird von der Schwä­ge­rin ent­deckt und ge­rät an die Öf­fent­lich­keit. Die Stum­me wird zum Tod durch Stei­ni­gung ver­ur­teilt (ihr Ge­lieb­ter zu 3 Mo­na­ten Ge­fäng­nis und 80 Peit­schen­hie­ben), ihr Bru­der bit­tet um Gna­de für sie, die der Mul­lah auch ge­währt: Die Stum­me wird er­hängt.

Fatemeh, die 14-jährige Nich­te der Stummen, wird Zeugin die­ser Hinrichtung. Was sie nicht weiß: Sie ist dem Mullah als Ersatz für ihre Tante ver­spro­chen worden und be­gibt sich später in dessen Haus, um seine dritte Frau zu wer­den. In einer der nächsten Näch­te vergewaltigt er sie. Nach sechs Monaten wird sie schwan­ger und bringt ein Mädchen zur Welt. Einige Monate später erträgt sie ihre Situation nicht mehr und ersticht den Mullah, als der auf ihr liegt, und anschließend ihr Baby.

Wir erfahren das alles aus den Auf­zeichnungen Fa­te­mehs, die sie im Gefängnis verfasst hat. Hin und wieder erwähnt sie auch ihre eigene Situation: 13-jäh­rig von der Schule ab­ge­gan­gen, auf­ge­wach­sen in einem ver­wahr­los­ten Viertel voller Ge­walt und Drogen, hatte sie ei­ne besonders enge Be­zie­hung zu ihrer Tante, der Stummen. Am Ende wird sie auf dem selben Platz hin­ge­rich­tet werden, auf dem auch ihre Tante starb.

Diese Aufzeichnungen ge­ra­ten – im persischen Original und französischer Über­set­zung – auf mysteriöse Weise an eine Journalistin, die es anonym an die Autorin schickt mit der Bitte um Ver­öf­fent­lichung.

Es sind tragische Schicksale und men­schen­un­würdige Ver­hält­nis­se, über die wir auf 111 Seiten zu lesen bekommen. Li­te­ra­tur ist das allerdings nicht. Klischee reiht sich an Kli­schee, die dargestellten Personen haben eine Ober­flä­che aber keine Persönlichkeit. Boulevard­pressen­niveau.

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29. Dezember 2022

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